Sentimental photorealistic portraits of Sabine Rudolph

Sentimentale fotorealistische Portraits von Sabine Rudolph

Sabine Rudolphs Porträts, die mit erstaunlicher Tiefe auf dunklem Grund platziert sind, erzählen eine Geschichte. Sie lösen beim Betrachter bestimmte Emotionen aus. Sie sind ein Symbol für Gefühle.

Interview von Ummuhan Kazanc

Sabine Rudolph „Pretty in Blue
Sabine Rudolph, „Pretty in Blue“, 2020, Öl auf Leinwand, 80 x 100 cm.

 

Liebe Sabine Rudolph, können wir Dich für die Blog-Leser unserer All-in-Line-Website näher kennenlernen? Wie begann Ihre künstlerische Reise?

Schon in meiner Kindheit interessierte ich mich hauptsächlich für Bilder. Wahrscheinlich ist das nichts Besonderes. Aber sie spielten eine immer wichtigere Rolle in meinem Leben. Ich erinnere mich noch gut an Besuche mit meiner Mutter bei einem Maler in unserer Kleinstadt – ein tolles Erlebnis in meiner Kindheit, das mich prägen sollte. Und so waren Handwerk und Kunst in allen Phasen meines Lebens ein ständiger Begleiter. Nach und nach lernte ich das Handwerk. Vor Jahrzehnten begann ich, mich mit moderner Kunst zu beschäftigen. Frankfurt am Main, meine Wahlheimat, bot mir hierfür gute Möglichkeiten, beispielsweise durch Kurse an der Kunstakademie oder Seminare und Workshops an der Goethe-Universität. Später wurden mir auch Kurse an der Neuen Kunstschule in Zürich angeboten. Die wichtigste Phase meiner künstlerischen Ausbildung war an der Freien Kunstschule Wiesbaden.

Sabine Rudolph „S.“
Sabine Rudolph, „S.“, 2020, Öl auf Leinwand, 50 x 70 x 2 cm.

Beschreiben Sie sich in Ihrem Lebenslauf als „auf dunklem Boden“? Können wir diese mystische Beschreibung etwas näher erläutern?

Ich würde gerne. Schwarz hat eine Tiefe wie keine andere Farbe. Es steht für sich selbst und bedarf keiner weiteren Ergänzung. Die Dunkelheit verschwindet, kulturell und historisch. Ich finde diese Tatsache erschreckend. Überall wird Licht genutzt, sodass wir die Sterne nicht mehr in ihrer vollen Schönheit sehen können. Physikalisch gesehen ist Schwarz keine Farbe, aber die völlige Abwesenheit von Licht, die zu 100 Prozent erzeugt werden kann, ist noch nicht erreicht. Vielleicht ist das auch überhaupt nicht möglich. Als Künstler führe ich das Licht wieder ein. Für mich ist das eine der schönsten kreativen künstlerischen Freiheiten, ein Akt des Schaffens. Ich arbeite seit vielen Jahren ausschließlich auf dunkelschwarzen Leinwänden und anderen Materialien.

Auch ohne etwas hinzuzufügen ist dieses Gelände für mich schon ein Erlebnis. Für mich ist Schwarz groß, stark und tief. Zudem gibt mir der dunkle Untergrund Sicherheit. Das Bild, in dem ich arbeite, ist nicht leer. Ich gestalte es nur mit meinen Pinselstrichen und gebe neue Impulse, die mir das Licht vorgibt.

Das Licht und die Lichtreflexionen in Sabine Rudolphs Gemälden lassen sich durch ihre Liebe zur Fotografie erklären. Lichtreflexionen und Schatten in ihren Werken erwecken ihre Bilder zum Leben.

Sabine Rudolph, „Denken Sie daran“,
Sabine Rudolph, „Remember“, 2022, Neue Medien: Manipuliert auf Leinwand, 11,8 x 11,8 x 1,6 cm.

Sie beschäftigen sich schon lange mit Porträts. Was bedeutet Porträtmalerei für Sie?

Betrachtet man ein Foto, auf dem keine Menschen zu sehen sind, wirkt es schnell seelenlos oder leer. Etwas fehlt. Wenn ich eine Straße ohne Menschen fotografiere, gibt das eine ganz konkrete Aussage ab. Es deutet darauf hin, dass hier etwas passiert ist oder passieren wird. Mir geht es bei der Kunst genauso.

Imaginär ist der Mensch immer präsent, auch in einem Stillleben.

Das menschliche Gesicht interessiert mich, weil man in den Gesichtern lesen kann. Meine Porträts sind keine Porträts im klassischen Sinne aus der Zeit, als es noch keine Fotografie gab. Sie zeigen nicht den Typus einer einzelnen, entschlossenen Person mit ihrem Beruf oder Charakter. Die Porträts, die ich male, erzählen eine Geschichte. Sie lösen beim Betrachter bestimmte Emotionen aus. Sie sind ein Symbol für Gefühle.

Dabei spielt auch die Identifikation eine wichtige Rolle. Warum hänge ich ein Poster von Bob Dylan, Madonna oder Franz Kafka auf? Erstens, weil ich sie mag, aber auch, weil ich mich mit ihnen identifiziere. Etwas von ihnen ist ein Teil von mir. Das passiert auch bei unbekannten Gesichtern. Sie können uns aus den unterschiedlichsten Gründen in ihren Bann ziehen. Das bleibt das Geheimnis eines jeden Beobachters.

Sabine Rudolph, „Fragile in Zeit und Raum“
Sabine Rudolph, „Fragile in Time and Space“, 2020, Öl auf Leinwand, 80 x 80 cm.

 

Sensibilität, Poesie, Licht, Lichtreflexe und Vergänglichkeit ziehen die Aufmerksamkeit auf Ihre Bilder. Was können Sie dazu sagen?

Während meiner künstlerischen Tätigkeit ist mir die starke Ausdruckskraft von Mimik und Gestik bewusst geworden. Deshalb arbeite ich am liebsten mit Models zusammen, die eine Schauspielausbildung haben. Sie können die gesamte Bandbreite abdecken, von Wut und Traurigkeit bis hin zu gemeinem Grinsen.

Aber dann tendiere ich dazu, poetische, nachdenkliche Bilder zu wählen. Vergänglichkeit, Vanitas, ein wiederkehrendes Thema in meinen Bildern, bewegt mich sehr. Eine gewisse stille Melancholie schwingt immer mit. Das liegt an meiner Natur, da kann man nichts machen. Der Maler oder die Malerin malt immer selbst. Licht und Lichtreflexe lassen sich durch meine Liebe zur Fotografie erklären. Es fasziniert mich, wie Licht einen Raum verändern kann. Lichtreflexe hauchen einem Bild Leben ein. Natürlich auch Schatten, durch die eine räumliche Wirkung entstehen kann. In einem Fenster gespiegelte Lichtreflexe bilden eine Autonomie. Es entsteht ein neues Bild, das nur für einen Moment zu sehen ist. Diese Kombination zweier Bilder in einem ist ein faszinierendes Schauspiel. Alle diese Kombinationen sind unendlich. Man braucht nur ein wachsames Auge, um sie aufzuspüren. Dann liegt es an mir, ob ich es in einem Bild verarbeiten und meine Empfindungen festhalten kann.

Sabine Rudolph, „Verzaubert“,
Sabine Rudolph, „Enchanted“, 2021, Fotografiedruck: Farbe auf Glas,
Limitierte Auflage von: 3, 40 x 40 x 0,5 cm.

 

Die psychologischen und inneren Aspekte der Porträts, die Sie in Ihren Bildern darstellen, sind ebenso deutlich spürbar wie die Bildsprache. Man hat den Eindruck, dass sie etwas schüchtern und introvertiert sind. Ist das eine bewusste Entscheidung oder führt Sie die Produktionsphase des Gemäldes ganz natürlich zu diesem Ergebnis?

Das Lesen von Introvertiertheit und Zurückhaltung in meinen Bildern ist etwas, das ich nachvollziehen kann. Da komme ich wieder ins Spiel. Ich entscheide mich für ein Motiv, wenn es mich anspricht. Davor verwerfe ich unzählige Versionen und Vorstufen. Es ist dann wie eine Berührung. Wenn ich es spüre, bleibe ich dabei und entwickle das Motiv weiter.

Schauen Sie genau hin, das ist mein Motto. Oberflächlichkeit macht mir Angst und macht mich sogar traurig.

Sie machen Kunst auf fotorealistische Weise. Was bedeutet Fotorealismus für Sie?

Ich habe es nicht bewusst gewählt. Es hat sich weiterentwickelt. Meine Bilder wirken eher fotorealistisch. Reiner Fotorealismus geht viel weiter. Es legt viel mehr Wert auf eine realistische Darstellung als ich. Besonders bei den Schwarz-Weiß-Gemälden in Öl auf Leinwand versuche ich, nur das Nötigste zu malen. Der Betrachter ergänzt die ausgelassenen Teile, die im Dunkeln liegen, selbst. Je weniger ich male, desto besser wird das Bild. Fantasie ist die Magie guter Bilder.

Sabine Rudolph, „Lichter am Abend“,
Sabine Rudolph, „Lichter am Abend“, 2020, Öl auf Leinwand, 80 x 100 x 2 cm.

Neben klassischen Malmethoden nutzen Sie für Ihre Gemälde auch die digitalen Techniken unserer Zeit. Wie verschmelzen in Ihren Werken klassische und zeitgenössische Techniken?

Die Grundlage jedes meiner Bilder ist ein von mir aufgenommenes Foto, das ich oft digital am Bildschirm verändere. Ich gehe dann sehr experimentell vor und erlaube mir verrückte Designs. Oftmals sind zufällige Ergebnisse dann die beste Quelle meiner Kreativität. Der Zufall spielt in der Kunst eine große Rolle. Wenn man es zulässt, kommen erstaunliche Kombinationen zum Vorschein.

So kombiniere ich Fotos mit viel Freude und Laune. Es ist die neue digitale Einfachheit, die dies ermöglicht. Es ist so einfach, mit Farben oder mit Strukturen und Formen zu experimentieren. Doch neben dem freien Experimentieren entstehen auch durch bewusste Manipulation neue Bildwelten.

Die neuen Techniken sind eine Vorstufe für die spätere Umsetzung auf klassische Weise. Ab und zu gehe ich auch den umgekehrten Weg.

Ich gehe davon aus, dass Sie hauptsächlich mit Live-Modellen arbeiten. Aber auch für Sie hat die Kunst der Fotografie meines Wissens nach eine besondere Bedeutung. Wie würden Sie die Grenzen zwischen Fotografie und Fotorealismus beschreiben?

Es stimmt, ich arbeite immer mit Live-Modellen. Aber ich mache Fotos von ihnen. Die Fotografie hat mich beeinflusst. Fotografie und Malerei ergänzen sich. Zu einem gemalten Bild sagt man gerne: „Oh, wie ein Foto“, und zu einem guten Foto: „Oh, wie gemalt.“ Das sagt viel aus. Ich denke, das ist es auch. Beide Kunstrichtungen stehen nun konkurrenzlos nebeneinander, sie dienen einander gegenseitig. Fotografie ist als Kunstform anerkannt und die gute alte Malerei ist noch immer lebendig. Hinzu kommt die digitale Technik, die beide Genres wunderbar verbinden kann.

Ich würde gerne ein wenig über Ihre Pläne sprechen. Wie wird Ihre tiefe Verbundenheit mit der Kunst weitergehen?

Experimentieren, verwerfen, Ideen sammeln und immer offen für Neues sein. Kunst ist Teil meines Lebens. Gleichzeitig sind mir Unabhängigkeit und Freiheit wichtig.

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